Sandro Kirchner im Interview
Interview
Starkes Signal für Bayerns Wirtschaft

Die Corona-Pandemie hat enorme Auswirkungen auch auf die bayerische Wirtschaft. Der Freistaat hat schnell reagiert. Im Landtag wurde ein Unterstützungspaket von 60 Milliarden Euro beschlossen – ein finanzieller Kraftakt, um den Unternehmen durch die Krise zu helfen. Der Vorsitzende des Wirtschaftsausschusses im Bayerischen Landtag, Sandro Kirchner, fordert eine Wirtschaftsstrategie für Bayern und weitere Entlastungen für Unternehmen, damit Bayerns Wirtschaft wieder in Schwung kommen kann.

 

Bayern hat angesichts der Corona-Pandemie schneller und konsequenter mit einschränkenden Maßnahmen reagiert. Auch mit Blick auf die Wirtschaft der richtige Weg?

Jede Medaille hat zwei Seiten. Wir alle haben noch die schrecklichen Bilder zum Beispiel aus Italien oder den USA vor Augen, mit vielen Toten, die mit militärischem Gerät aus den Krankenhäusern abtransportiert wurden oder in Transportern verbleiben mussten, weil die Bestattungskapazitäten erschöpft waren. Insofern hat Bayern offensichtlich richtig gehandelt und unseren Schutz und unsere Gesundheit allem anderen vorangestellt. Die positive Entwicklung der Infektionszahlen bestätigt den bayerischen Weg und hat international Vorbildcharakter. Die zweite Seite ist ganz klar die Auswirkung auf die Wirtschaft. Der Staat hat in erster Linie in diejenigen Bereiche des öffentlichen Lebens eingegriffen beziehungsweise teilweise eingegriffen, die hinsichtlich einer Verbreitung des Virus große Risiken bergen, wie beispielsweise die Gastronomie und Hotellerie, den Handel, kulturelle Veranstaltungen. Andere Bereiche, wie zum Beispiel die Industrie oder große Teile des Handwerks, konnten uneingeschränkt weiter aktiv sein. Der wesentliche Teil der Wirtschaft ist aber aufgrund der stark gesunkenen Nachfrage oder durch das Abreißen von Lieferketten stark gedämpft oder zum Erliegen gekommen.

Hier macht sich sicher auch bemerkbar, dass Bayern ein Exportland ist …

Ja, das merken wir deutlich. Der Freistaat ist wie andere Länder auch abhängig von globalen Entwicklungen und damit auch von Auswirkungen der Corona-Pandemie. Es war und ist richtig, dass Bayern seine Wirtschaft in dieser Situation unterstützt. Wir können das auch nur deshalb tun, weil wir in den vergangenen Jahren eine solide Finanzpolitik gemacht und damit Spielräume haben.

Wen unterstützen die Maßnahmen besonders?

Die Soforthilfe, Steuerstundungen, Rückzahlungen von Steuervorauszahlungen oder günstige Kredite über die LfA helfen gerade unseren vielen kleinen mittelständischen Unternehmen. Sie sind das Rückgrat der bayerischen Wirtschaft. Mit dem Bayernfonds können Unternehmen Liquiditätsprobleme durch eine befristete staatliche Beteiligung meistern. 60 Milliarden Euro sind ein massives Zeichen der Unterstützung, kein anderes Bundesland leistet eine derart große Unterstützung für die Wirtschaft!

Wie nachhaltig sind diese Maßnahmen?

Zunächst geht es doch darum, die Liquidität unserer Unternehmen zu sichern. Mit der finanziellen Unterstützung des Freistaates können Unternehmer diese schwierige Phase überbrücken und am Markt bleiben, um nach der Corona-Krise wieder voll durchzustarten. Die Kurzarbeit sichert zusätzlich vielen Mitarbeitern und ihren Familien ein höheres Einkommen, als es bei einer drohenden Arbeitslosigkeit der Fall wäre. Die Menschen können ihren finanziellen Verpflichtungen nachkommen und haben weiterhin Geld für Anschaffungen zur Verfügung. Die Unternehmen behalten im Gegenzug ihre wertvollen Arbeitskräfte. Die finanzielle Unterstützung des Freistaates sorgt dafür, dass die bayerische Wirtschaft nicht abgewürgt wird und in der Post-Corona-Phase schnell wieder zur alten Stärke zurückfinden kann. Falls das so kommt, und darauf hoffe ich, dann sind diese Maßnahmen nachhaltig für die bayerische Wirtschaft und aufgrund der dann zu erwartenden Steuereinnahmen wiederum nachhaltig für den bayerischen Staatshaushalt. Aber natürlich können wir die Entwicklung nicht voraussehen. Wir alle müssen wachsam sein: Wenn eine zweite Infektionswelle kommt, wird es ganz schwer, einen solchen Kraftakt zu wiederholen.

Wie lässt sich die bayerische Wirtschaft wieder aktivieren?

Die bayerische Wirtschaft ist stark und breit aufgestellt. Die aktuelle Krise hat uns aber eines ganz deutlich vor Augen geführt: Wir brauchen dringend eine bayerische Wirtschaftsstrategie. Was meine ich damit? Wir müssen globale Herausforderungen und Entwicklungen systematisch erfassen und auswerten, um unsere Unternehmen gezielt an die nationalen und globalen Märkte zurückzuführen. Wie sichern wir internationale Lieferketten? Wo können wir politische Hürden oder Bürokratie abbauen? Welche neuen Märkte gibt es und wie platziere ich Bayern hier bestmöglich? Fragen, die für unsere Unternehmen von größter Bedeutung sind. Hier muss die Staatsregierung, allen voran das Wirtschaftsministerium, Antworten geben, auch und gerade für besonders betroffene Branchen und Bereiche.

Welche Bereiche müssen jetzt in Bayern besonders gestärkt werden?

Wichtig ist jetzt, dass Bayern besonders innovativ ist und die Krise auch als Chance nutzt. Mit der Hightech Agenda haben wir hier schon den richtigen Rahmen gesetzt. Neue Technologien, wie die Künstliche Intelligenz, die Bereiche SuperTech unter anderem mit Quantencomputing, GreenTech z. B. mit der Wasserstoffinitiative, bieten ein enormes Potenzial für neues Wirtschaftswachstum, Produktivität und Wertschöpfung in Bayern. Dank des Breitbandausbaus können die Menschen viel stärker digitale Möglichkeiten nutzen – auch im ländlichen Raum. Das kann dazu führen, dass Unternehmen die Potenziale des ländlichen Raums ebenfalls noch besser erkennen.

Sie machen sich auch für grundsätzliche Standortfaktoren stark, um die Wirtschaft anzukurbeln.

Unsere Wirtschaft steht immer im Wettbewerb – national und international. Klar kommt es dabei auch auf die richtigen Rahmenbedingungen an. Deutschland war hier in den letzten Jahren viel zu passiv. Wettbewerber wie Frankreich, USA oder Japan haben ganz andere Voraussetzungen für Unternehmen geschaffen. Wir dagegen haben die teuersten Strompreise in ganz Europa und unsere Unternehmen bezahlen mit am meisten Steuern. Wir als CSU fordern deswegen eine Senkung der Unternehmenssteuern auf mindestens 25 Prozent, die sofortige Abschaffung des Solidaritätszuschlags und flexiblere Arbeitszeiten. Auch an die Energiekosten müssen wir ran: Die Stromsteuer muss auf das europäische Mindestmaß gesenkt und das EEG novelliert oder gänzlich abgeschafft werden. Ein europaeinheitlicher Industriestrompreis von weniger als 40 Euro/MWh wäre ein weiterer Anreiz. Unsere Unternehmen brauchen hier eine deutliche Entlastung.

Inwiefern können sich Unternehmen mit Blick auf die Zukunft auf ähnliche Szenarien vorbereiten?

Die Situation hatte niemand so erwartet und wir können nicht ausschließen, dass sich so etwas wiederholt. Wichtig ist, dass alle Staaten ein „lessons learned“ des Krisenmanagements durchführen, um in einer ähnlichen Situation noch schneller, effizienter und vor allem abgestimmt handeln zu können. Es hat sich gezeigt, dass die Liquidität von Unternehmen das A und O ist, um durch eine Krise wie die jetzige zu kommen und dass es in vielen Bereichen starke globale Abhängigkeiten gibt. Rücklagen und Reserven zu bilden, und sich breiter aufzustellen sind sicher Aspekte, die ein Unternehmen krisenfester machen können.

Gibt es etwas, das Sie persönlich aus dieser herausfordernden Zeit mitnehmen?

Dass Freiheit ein sehr hohes Gut ist und dass man Dinge, die für einen selbstverständlich waren, wieder ganz neu schätzen lernt. Dass mit dieser Zeit viele Schicksale verbunden sind: Existenzen, die auf dem Spiel stehen, Krankheit, Tod, soziale Entfremdung. Und dass sich die Menschen in diesen herausfordernden Zeiten gegenseitig wieder suchen. Nachhaltig beeindruckt hat mich natürlich auch, dass es in unserer Gesellschaft so viele Menschen gibt, die ganz Besonderes leisten – zum Beispiel im Bereich der Pflege und in den Krankenhäusern, bei der Bundeswehr und den Rettungsdiensten, bei Feuerwehr und Polizei, in Kindergärten und Schulen. Auch unsere Beamten und Mitarbeiter, die sich z. B. um die Soforthilfemaßnahmen kümmern, in den Gesundheitsämtern oder vor Ort bei den Kommunen arbeiten, haben Großes geleistet.

 

 

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