Power Sharing statt Pferdestärken



Zwei Jahre ist es her, dass wir in der HERZKAMMER über das Start-up Sono Motors berichtet haben, das mit seinem innovativen Elektroauto Sion den Automobilmarkt revolutionieren will. Inzwischen ist aus dem Start-up um Gründer Laurin Hahn ein rasant wachsendes Unternehmen geworden. Mit dem Sion hat Sono Motors inzwischen ein Produkt entwickelt, das die Zukunftsfragen Mobilität und Energie gleichermaßen anpackt: ein Elektroauto, das Energie nicht nur speichert, sondern auch liefert.

Wir treffen Laurin Hahn im neuen Showroom des Sion in München, genauer gesagt im Besprechungsraum „Trollhättan“. Der Raum ist benannt nach der schwedischen Stadt, in der im ehemaligen Saab-Werk jetzt der Sion produziert wird. Als er unseren Artikel vom Frühjahr 2017 liest, muss Laurin Hahn schmunzeln: „Damals hatten wir 800 Vorbestellungen, inzwischen sind wir bei 10.000 angezahlten Reservierungen für den Sion.“ Kurz nach unserem Interview wurde im Juli 2017 der Prototyp des Elektrofahrzeugs in München der Öffentlichkeit vorgestellt – und erregte auch international große Aufmerksamkeit. Nach einer Probefahrt-Tour durch Europa startet Sono Motors noch 2017 die Serienentwicklung. 2018 sind mehrere große Zuliefererfirmen mit an Bord, unter anderem Continental, ElringKlinger und Bosch. Das Unternehmen NEVS aus Schweden übernimmt die Produktion. Anfang dieses Jahres wird das endgültige  Seriendesign festgelegt.

„Wir haben aus einer Idee ein fertiges Produkt entwickelt und sind jetzt dabei, das Ganze in Produktion zu bringen“, fasst Laurin Hahn die letzten beiden Jahre zusammen. Was auf den ersten Blick lässig und einfach klingt, ist eine Erfolgsgeschichte, in der unendlich viel Know-how, unternehmerisches Geschick und ein Blick für gesellschaftliche Zukunftsentwicklungen steckt. „Angefangen haben wir mit weniger als 20 Mitarbeitern, jetzt arbeiten fast 400 Menschen an unserem Projekt.“ Nächste Zielmarke: 2020 soll der Sion auf die Straße.

Was unterscheidet den Sion von anderen Elektroautos? „Der Sion ist das erste serienmäßige Elektroauto, das seine Batterie zusätzlich durch die Energie der Sonne lädt“, so Unternehmer Hahn. Durch die Funktion des bidirektionalen Ladens kann der Sion den gespeicherten Strom auch wieder abgeben. Das Auto wird so zum mobilen Stromspeicher.

Sono Motors geht aber noch weiter: „Wir verstehen uns nicht nur als Fahrzeughersteller, sondern gleichzeitig auch als Share-Service-Provider“, erklärt Laurin Hahn die Philosophie des Unternehmens. „23 Stunden am Tag wird ein Auto in der Regel nicht bewegt. Das ist eigentlich Wahnsinn, auch wenn es sich um ein Elektroauto handelt. Wir müssen Fahrzeuge dringend effizienter nutzen und dafür sorgen, dass das Auto während der Standzeit ausgelastet wird.“

So ist auch die Idee zur goSono App entstanden. Sie ist in jedem Sion serienmäßig integriert und bietet drei Sharing Services an: Car Sharing, Ride Sharing und Power Sharing. Als Fahrer eines Sion kann ich also mein Auto mit anderen teilen, Mitfahrer organisieren oder den Strom, den mein Sion speichert, anderen zur Verfügung stellen beziehungsweise meine elektrischen Geräte damit laden.

Die Idee des Power Sharing lässt sich aber noch viel weiter denken – Stichwort Vehicle to grid (zu Deutsch: Vom Fahrzeug zum Netz). „Mit dem eigenen Elektroauto Energie in das öffentliche Stromnetz einzuspeisen und damit Teil eines intelligenten und nachhaltigen Energiesystems zu werden, ist eine Traumvorstellung“, so Laurin Hahn. Damit dieser Traum Realtität werden kann, muss aber auch auf Bundesebene noch der entsprechende gesetzliche Rahmen festgelegt werden.

Nicht nur bei Sono Motors, auch bei den Autokäufern hat sich in den vergangenen zwei Jahren einiges verändert. „2017 musste man noch ganz viel erklären – zu Elektromobilität, alternativen Antrieben, Reichweiten. In meinen Gesprächen heute ist das meist kein Thema mehr. Da heißt es eher: Erklär mir die Vorteile des Sion. Das Elektroauto wandert mehr und mehr ins Bewusstsein der breiten Masse.“ Es schwingt dann auch Freude und ein gewisser Stolz mit am Ende unseres Gesprächs: „Es ist inzwischen außer Frage, dass die Elektromobilität angenommen wird. Das ist schon toll, wenn man sieht, was sich da in zwei Jahren tun kann.“