Die letzten Schulprüfungen sind geschrieben – und jetzt? Gleich mit dem Studium oder der Ausbildung beginnen? Vielleicht ab ins Ausland? Oder sich noch ein Jahr Zeit nehmen, etwas Neues entdecken und in ein Berufsbild reinschnuppern? Für Letzteres hat sich Julian Kollmann entschieden. Bereits in der Schulzeit wurde das handwerkliche Interesse bei ihm geweckt und er entschloss sich für ein Freiwilliges Soziales Jahr in der Denkmalpflege im Kloster Benediktbeuern.
Vor allem bei Kunst- und Kulturinteressierten ist das mehr als 1250 Jahre alte Benediktinerkloster Benediktbeuern ein beliebtes Ausflugsziel. Benediktiner gibt es hier allerdings schon länger nicht mehr. Die Säkularisation von 1803 beendete in Benediktbeuern die tausendjährige Tätigkeit der Benediktiner, die barocke Klosteranlage wurde weltlich-privater Besitz und diente ab 1819 unter anderem als Kaserne, Invalidenheim, Gefängnis und Genesungsanstalt für Soldaten. Seit 1930 wirken hier die Salesianer Don Boscos, eine katholische Ordensgemeinschaft, die sich weltweit im Sinne ihres Gründers Johannes Bosco (1815–1888) im Besonderen für junge Menschen einsetzt.
Ein großes Ziel der Ordensgemeinschaft ist es, die Gebäude vor dem Verfall zu bewahren, und somit befindet sich die Anlage in einem andauernden Restaurierungs- und Sanierungsprozess. Auch der 20-jährige Julian Kollmann beteiligt sich nun für ein Jahr an der Instandhaltung und leistet hier in der Denkmalpflege sein Freiwilliges Soziales Jahr ab. „Meine Aufgaben im Kloster Benediktbeuern sind vielseitig. Grundsätzlich bin ich im Bereich der Malerei eingesetzt, wo ich zusammen mit dem Kirchenmaler Markus Christl die barocke Bausubstanz des Klosters restauriere. Das heißt konkret, dass ausgeblichene Farben von uns aufgefrischt, Stuck ausgebessert und barocke Engelsfiguren mit symbolischer Tiefe aufgearbeitet werden.“
Bereits in der Schulzeit ist Julian handwerklich interessiert und ihm machen vor allem die praktischen Fächer Spaß. Die Begeisterung für den Denkmalschutz nimmt bei dem Freisinger mit dem Abschluss seines Abiturs immer weiter zu und er fängt an, nach einer passenden Stelle für ein Volontariat oder ein Freiwilliges Soziales Jahr zu suchen. „Meine Einsatzstelle habe ich durch ein Magazin der Deutschen Stiftung Denkmalschutz gefunden. Dort wurde für ein Volontariat im Denkmalschutz geworben. Nach meinem bestandenen Abitur war das für mich die perfekte Möglichkeit, um sowohl meine handwerklichen Fähigkeiten auszubauen, als auch weiter in die Thematik des Denkmalschutzes einzutauchen.“
Bereits seit 1964 ist das sogenannte FSJ in Deutschland etabliert und sorgt neben dem Bundesfreiwilligendienst, dem Freiwilligen Ökologischen Jahr und weiteren Angeboten für eine gute Möglichkeit, um sich nach dem Schulabschluss, aber auch später im Leben, für die Gesellschaft einzusetzen und dabei vielleicht auch in interessante Berufsfelder hineinzuschnuppern. „Insgesamt leisten bundesweit etwa 100.000 meist junge Männer und Frauen freiwillige Dienste. Das ist jeder Zehnte eines heutigen Geburtenjahrgangs. Es mangelt auch nicht an Bewerbern – im Gegenteil. Etwa 150.000 Menschen pro Jahr würden sich gerne engagieren. Doch jeder Dritte findet keinen Platz. Oft fehlen den Hilfsdiensten die Mittel für weitere Stellen oder sie scheuen den Aufwand, den es kostet, Freiwillige in die oft stressigen und anspruchsvollen Aufgaben einzuarbeiten und sinnvoll zu integrieren,“ weiß unser sozialpolitischer Sprecher Thomas Huber. Deshalb ist es wichtig, die Freiwilligendienste noch attraktiver zu gestalten und dafür zu sorgen, dass mehr Stellen aber auch mehr Mittel zur Verfügung gestellt werden. Ein entsprechender Antrag wurde im vergangenen Jahr bereits im Sozialausschuss beschlossen. Denn gerade in den wichtigen Bereichen Soziales und Pflege seien die Stellen oft der Einstieg in das Berufsfeld, so Huber: „Viele, die einmal hineinschnuppern, bleiben. Menschen in sozialen Berufen machen immer wieder die Erfahrung, dass die Freiwilligen von heute die Fachkräfte von morgen sind. In vielen Fällen bleiben sie sogar der Dienststelle erhalten.“
Auch Julian Kollmann nimmt viele Eindrücke aus Benediktbeuern mit und ist sich sicher, dass er sich auch später – beispielsweise im Rahmen seines Studiums – immer wieder Zeit für weitere Erfahrungen nehmen möchte. „Gerade hier in Benediktbeuern habe ich gemerkt, dass es nicht nur um den Dienst und die Arbeit geht. Zusammen mit elf anderen Gleichaltrigen wohne ich in einer Wohngemeinschaft und lerne täglich auch etwas über den Klosterbetrieb und die Ordensgemeinschaft. Im Kloster ist ein Volontariat für jede Altersgruppe sinnvoll. Man wird dort nicht aufgrund seines Alters wertgeschätzt, sondern weil man etwas zur Gemeinschaft des Klosters und zum Erhalt der Gebäude beiträgt.“
Freiwilligendienste verdienen noch mehr Unterstützung und Wertschätzung, da ist sich auch Thomas Huber sicher. Er plädiert dafür, dass im Dialog mit Verbänden und der Politik auch über eine Anerkennung für den weiteren Lebensweg diskutiert werden soll: „Praktische Zeiten in Ausbildung und Studium sowie bei Wartesemestern für Studienplätze müssen einfacher angerechnet werden können. Auch eine Berücksichtigung bei der Rente oder eine Verbesserung der finanziellen Unterstützung für Freiwillige und Hilfsdienste sind für mich denkbar“.
Wie es für Julian Kollmann beruflich weitergeht, ist noch nicht ganz klar, jetzt freut sich der 20-Jährige erst einmal auf den Frühling und seine Arbeit im Freien der Klosteranlage. „Im Frühling, Sommer und Herbst werde ich zusätzlich in der Klostergärtnerei eingesetzt, wo ich mich um die Streuobstwiesen und unzählige Grünanlagen kümmere, die die verschiedenen Gebäude zu diesem wunderschönen Ensemble zusammenführen. Da habe ich mir schon einen besonders schönen Ort für meinen Freiwilligendienst ausgesucht. Ich kann nur jedem so ein Jahr ans Herz legen.“