Digitalisierung im ländlichen Raum – die beiden Gemeinden Spiegelau und Frauenau im Bayerischen Wald zeigen seit vielen Jahren, wie es geht und was möglich ist. Ihr Rezept: Technische Voraussetzungen wie Breitbandanschluss, WLan-Hotspots oder flächendeckender Mobilfunk sowie Bürgerinnen und Bürger, die mitmachen.
Im April 2017 haben beide Gemeinden beim Projekt „Digitales Dorf“ der Bayerischen Staatsregierung den Zuschlag erhalten. Ziel des Projekts ist es, gezielt Digitalisierung zu nutzen, um gleichwertige Lebensbedingungen in ländlich geprägten Regionen Bayerns zu sichern. Die technischen Grundvoraussetzungen hatten die Kommunen im Bayerischen Wald schon vorab realisiert: Die 33 Ortsteile von Spiegelau hatten bereits einen Breitbandanschluss.
„Gemeinsam digitale Zukunft schaffen“ lautet das Motto seit dem Startschuss. Das Ziel: Die verschiedenen Projekte sollen unmittelbar bei den täglichen Bedürfnissen der Bürger ansetzen. Alle Lebensbereiche für verschiedenste Zielgruppen mit einzubeziehen, gehört zu den Leitsätzen der Projektinitiatoren. Ältere Bewohner sollten genauso von den Angeboten profitieren wie Kinder, Eltern, Berufstätige oder Menschen mit Einschränkungen.
Nur ein Beispiel unter vielen sind die Telemedizin-Angebote. Über Hausbesuche von medizinischen Fachangestellten können Patienten online mit dem Hausarzt verbunden und Befunde übertragen werden. Auch die Ausstattung der beiden Grundschulen mit Digitalen Klassenzimmern gehört zum Projekt „Digitales Dorf“. Die Klassenzimmer sind mit moderner digitaler Technologie ausgestattet, eine Eltern-, Schüler- und Lehrerplattform ermöglicht einen einfachen Dokumenten- und Nachrichtenaustausch zwischen allen Beteiligten.
Die Bürger in Spiegelau und Frauenau können außerdem elektronische Bürgerservices oder Mobilitätslösungen, wie zum Beispiel Rufbusse nutzen. Digitale Lösungen sorgen zudem dafür, dass Senioren länger in den eigenen vier Wänden bleiben können. Auch das Leitungskataster für die Wasserversorgung ist online abrufbar.
Auf der Plattform „Dahoam 4.0“, die gemeinsam mit dem Technologie Campus der Hochschule Deggendorf entwickelt wurde, verschaffen sich die Bürger vor Ort einen Überblick. „In unserem Projekt sind alle Lebensbereiche integriert, da müssen die Schnittstellen unbedingt funktionieren“, betont Spiegelaus Erster Bürgermeister Karlheinz Roth, CSU. Die Leitung der Teilprojekte läuft dabei nicht über das Rathaus, sondern liegt bei den Projektverantwortlichen aus Vereinen, Arbeitskreisen oder Experten.
Warum das Digitale Dorf so gut funktioniert? Weil die Bürger bei den Projekten abgeholt werden. „Unsere Bürgerbeteiligung ist ein wesentliches Element für den Erfolg“, unterstreicht Roth. Gemeinsam werden laufend neue Ideen für praxistaugliche digitale Alltagshelfer entwickelt. Besonders wichtig ist den jeweiligen Projektverantwortlichen aber, Digitalisierung nicht um jeden Preis durchzusetzen, sondern nur da, wo es sinnvoll ist und den Alltag vereinfacht. Roth: „Die Balance zwischen digital und analog zu halten und alle mitzunehmen, ist für alle Projekte entscheidend.“
Mit Schulungen, zum Beispiel zum Umgang mit Smartphone, Tablet & Co., werden zudem diejenigen Bürger einbezogen, die bislang wenig mit Digitalisierung zu tun hatten.
Der Einsatz lohnt sich: Im Juni 2019 holt das Digitale Dorf Spiegelau-Frauenau Silber im eGovernment-Wettbewerb der Unternehmen BearingPoint und Cisco. „Neben Hamburg und Darmstadt für den Preis nominiert zu sein, ist schon eine große Wertschätzung für die Arbeit der Teams“, freut sich Karlheinz Roth. „Auch innerhalb unserer Gemeinde ist das Echo auf das Digitale Dorf unglaublich. Die Leute stehen voll dahinter.“
Neuestes Projekt ist die Anbindung des Waldschmidthauses (Rachelschutzhaus) an das Projekt „MeDiLand”. Seit Kurzem können dort Wanderer zum Beispiel bei Verletzungen oder Unfällen via Telemedizin digital erstversorgt werden. Es ist das erste Vorhaben dieser Art im Freistaat.
Auch das Projekt „Coworking-Spaces“ wird nun realisiert – erste Pilotfirmen haben sich bereits in den Büroräumen eingemietet, um ihren Mitarbeitern das weite Pendeln zumindest teilweise zu ersparen. So wird der ländliche Raum auch für Berufstätige attraktiv und die Kommune gewinnt an Lebensqualität.
„Wir arbeiten schon jetzt daran, dass das Projekt Digitales Dorf in die dritte Runde geht und nochmals verlängert wird“, so Roth abschließend. „Es gibt so viele neue Ideen von Smart City Konzepten bis hin zur Digitalen Intelligenz – da wollen wir auf alle Fälle weitermachen!“